Sowohl für die Größe der elektrischen Spannung, der sogenannten elektromotorischen Kraft, als für die Größe der in gewissen Systemen von leitenden Körpern durch dieselbe erzeugten Stromwirkungen, welche letzteren bei einer und derselben elektromotorischen Kraft wesentlich von der Größe des Widerstandes des gesamten leitenden Systems abhängen, hat die elektrische Wissenschaft und Technik immer genauere Maaßbestimmungen und dazu immer genauerer und übereinstimmender festgesetzter Maaße und Maaßeinheiten bedurft.

In dem unentwickelten Zustand dieser Aufgaben und Leistungen war es noch relativ erträglich gewesen, dass man sich so behelfen musste, wie etwa in einem Maaß- und Gewichtswesen, in welchem nicht nur viele verschiedene Längen- und Gewichtseinheiten ganz verschiedener Systeme und Namen gegolten, sondern auch die an verschiedenen Orten in Gebrauch befindlichen Einheiten eines und desselben Namens und Systems materiell sehr große Unterschiede gezeigt hätten, ja in welchem sogar beim Messen und Wiegen mit identischen (nominell und materiell identischen) Einheiten sehr verschiedene Ergebnisse durch die willkürlich verschiedene Art des Messens und Wägens herausgekommen wäre.

Es ist aber einleuchtend, dass, als die Fortschritte der Elektrotechnik die Abstellung der gröbsten dieser Übelstände verlangten, man die Herstellung nationaler Ordnungen, ähnlich dem alten nationalen Maaß- und Gewichtsordnungen, als einen völlig unweisen Umweg erkennen musste in einer Zeit, in welcher bereits gemeinsam erdumfassende Maaß- und Gewichtsordnung aufgestellt und wissenschaftlichen und technischen Verkehrsverhältnisse der verschiedenen Nationen gerade auf dem elektrischen Gebiete inniger als irgendwo anders verknüpft waren. Die großen Kosten der Fundirung eines autoritativen, Streit ausschließenden elektrischen Maaß- und Messungs-Systems auf eine unabhängige insulare Lösung der Aufgabe zu verwenden, für welche keinerlei Gewähr gegeben werden konnte, dass sie dem Ansturm einer umfassenden Vereinigung widerstehen würde, wäre geradezu eine Verschwendung von Mitteln und Kräften gewesen. …

Es ist einleuchtend, dass alle solchen wissenschaftlichen Aufgaben, welche die ganze Erde und den Himmelsraum zum Forschungsobjekt haben, an letzter Stelle eine internationale – ich will lieber sagen eine tellurische – Organisation vertragen. Ich habe mich ferner bemüht, Ihnen zu zeigen, dass auch die fundamentale Ordnung der wissenschaftlichen und der industriellen Technik eine solche umfassende Behandlung schon aus bloßer Oekonomie erfordert.

Quelle: Die Mittwochsgesellschaft im Kaiserreich. Autor: Wilhelm Foerster

Er war wesentlich beteiligt an der Einrichtung des Internationalen Breitendienstes, der Einführung des metrischen Systems und eines europäischen Mess- und Eichwesens. Er war ab 1869 Mitglied und von 1891 bis 1920 Vorsitzender des internationalen Maß- und Gewichtskomitees (CIPM). Ab 1870 war er Direktor der Normal-Eichungs-Kommission, der obersten Eichbehörde des Norddeutschen Bundes bzw. ab 1871 des Deutschen Reichs. Er war Mitbegründer der Physikalisch-Technischen Reichsanstalt, der Astronomischen Gesellschaft und der Urania (Berlin).

Weitere Informationen:

UNSER STERN DES MONATS: WILHELM FOERSTER

Wilhelm Foerster, Vater der Zeitverteilung im Deutschen Kaiserreich

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